Studie: Pressefreiheit nimmt weltweit ab
Die Pressefreiheit ist nach einer US-Studie weltweit zunehmend von Einschränkungen betroffen. Im vergangenen Jahr sei die Arbeit von Journalisten vor allem im Iran im Zuge der Proteste nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl deutlich behindert worden, wie aus einer heute veröffentlichten Erhebung der US-Organisation Freedom House hervorgeht. Russland bleibe unverändert „eines der am meisten eingeschränkten und gefährlichsten Medienumfelder der Welt“. In Westeuropa gab es Kritik an Italien, wo ein zu großer Einfluss der Regierung von Silvio Berlusconi auf die Medien konstatiert wurde. (…)
Die Medien sind zur Ausübung der demokratischen Staatsbürgerschaft unverzichtbar. Sie schaffen den öffentlichen Raum, in dem sich die Bürger virtuell treffen, wo sie Informationen austauschen, von Klatsch und von Gerüchten erfahren, Diskussionen beiwohnen und die Vorschläge der politischen Machthaber kennenlernen. Was in der Demokratie im alten Athen die Agora war, der öffentliche Platz, zu dem man hinging, um die anderen zu sehen und zu hören, das sind heutzutage die Printmedien, die Radio- und Fernsehsender, die Bloggs und das hochkomplexe Internet.
Um dem anderen berichten zu können, was es zu sehen gibt, muss man erst einmal selbst gewahr werden, was Sache ist: Wir nehmen nur wahr, was uns anspricht, was uns im Einklang mit dem, was wir sind und suchen, relevant erscheint. Manchmal geben wir anderen damit mehr über uns selbst preis als über die Wirklichkeit. Ganz zu schweigen von dem Willen, das Gegenüber zu täuschen oder zu manipulieren (einschließlich der Orientierungshilfe zu seinem Besten), der bei großen Informationsmedien nie ganz fehlt.
Das Ziel ist nicht – darf es nicht sein – einer feststehende »öffentliche Meinung« zu schaffen, sondern eine ausreichend fundierte und begründete »persönliche Meinung« zu haben. Hannah Arendt hat zwischen beidem wohl unterschieden: Die sogenannte »öffentliche Meinung« hat etwas Gebieterisches und sogar Totalitäres (ist sie erst einmal festgelegt, haben die Bürger Angst, von ihr abzuweichen, und akzeptieren sie wie einen Automatismus in ihrem Leben), die »persönliche Meinung« hingegen zeichnet den reifen Bürger aus, das heißt denjenigen, der gegen den Mangel an Wissen ankämpft, der unsere Freiheit einschränkt.
Fernando Savater, Freigeist.